Die virtuelle Anprobe verbessert das Online-Shopping-Erlebnis und kann sehr viel Frust wegen schlecht sitzender Kleidung ersparen. Die gelungene Implementierung eines virtuellen Avatars in einem Online-Shop führt einer Untersuchung nach dazu, dass Kunden 35 % mehr Artikel zum Warenkorb hinzufügen. Dank dieser fortschrittlichen Technologie können Internetnutzer Kleidungsstücke digital anprobieren, ohne eine Umkleidekabine betreten zu müssen.
Es ist besonders interessant, dass Nutzer durch die virtuelle Anprobe-Technologie doppelt so lange auf Online-Shops verweilen und etwa 40 % der BesucherInnen mit dem Avatar interagieren. So ist es aus KundInnensicht bequem möglich, unterschiedliche Kleidungsstücke und Accessoires virtuell anzuprobieren, ohne sie erst mal kaufen und/oder physisch anprobieren zu müssen.

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Ein weiterer beträchtlicher Vorteil für die Shop-Betreiber: Die richtige Größenempfehlung senkt die Retourenquote erheblich. Dies ist nicht nur für den Bereich der Dessous und Unterwäsche von Bedeutung, wo ein digitales Tool mit personalisierten 3D-Körpermodellen die Inklusivität und Effizienz im Design verbessert. 3D-Produktkonfiguratoren bedeuten generell „keine bösen Überraschungen mehr“ für alle Beteiligten. Sie werden von großen Fashion- und Möbel-Shops bereits in der Praxis genutzt und wurden in der Regel über eine professionelle 3d online konfigurator platform erstellt.
Was ist eine virtuelle Anprobe und wie läuft sie ab?
Wir reden hier von einer neuen Dimension des Online-Einkaufserlebnisses. Diese digitale Technologie ermöglicht es uns als KundInnen, Kleidungsstücke, Schuhe, Accessoires oder sogar Kosmetikprodukte an unserem eigenen Körper oder Gesicht zu testen, ohne sie physisch anzuprobieren.
Eine Erklärung zur virtuellen Anprobe im E-Commerce
Das virtuelle Anprobieren, oder „Virtual Fitting Room“, nutzt eine Kombination aus Augmented Reality (AR) und künstlicher Intelligenz (KI), um ein realistisches Anprobeerlebnis für KundInnen zu schaffen.
Wir können das zum Beispiel über eine AR-App auf dem Handy nutzen. Dabei wählen wir Artikel aus einem Online-Katalog aus und positionieren sie digital auf dem eigenen Körper oder einem mit den eigenen Körpermaßen personalisierten 3D-Avatar. So klappt es wunderbar, unterschiedliche Farben, Muster und Größen nacheinander auszuprobieren.
So wird dem Frust vorgebeugt, der häufig nach dem Anprobieren einer gelieferten Ware entsteht, die mal wieder nicht passt.
Dieses Video des Start-ups Infimé zeigt den Einsatz eines virtuellen 3D-Dressrooms für Dessous:
Ein paar Worte zur Technologie: Künstliche Intelligenz, Augmented Reality und 3D-Modellierung
Hinter der virtuellen Anprobe steht eine Kombination aus Künstlicher Intelligenz und Augmented Reality. Die KI übernimmt die Aufgaben der Personalisierung, Größenbestimmung und Stilvorhersage, indem sie Körperform, Gesicht oder Handgelenksgeometrie auswertet und unter die digitale Lupe nimmt.
Gleichzeitig erstellt die AR-Technologie realistische visuelle Overlays, die dank Echtzeit-Bewegungsverfolgung recht realistisch sind und sich den Bewegungen der Nutzenden anpassen. Dank 3d-modellierung software und Computer Vision halten modernste Visualisierungstechnologien mittlerweile Einzug in viele größere Online-Shops (u.a. Zalando, …), um ein möglichst authentisches Abbild zu schaffen.
Das Kalkül der Shop-Betreiber ist sicherlich, die Retourenrate zu verringern. Aus Käufersicht profitiert man aber von einer besseren Trefferquote bei Größe und Passform. Klassische Win-win-Situation.
Das Demovideo eines KI-basierten virtuellen Anprobeprodukts von AI-LENS zeigt, wie einfach es für KäuferInnen und Einzelhändler zu verwenden ist. Zudem zeigt es, wie es Unternehmen helfen kann, die Kundenbindung, Verkäufe und Konvertierungen zu steigern.
Die Erstellung von virtuellen Avataren
Es gibt unterschiedliche Ansätze, um einen personalisierten 3D-Avatar zu erstellen. Avatare werden bei Zalando beispielsweise erstellt, indem man entweder zwei Ganzkörperfotos (Vorder- und Seitenansicht) hochlädt oder seine Körpermaße wie Größe, Gewicht und Geschlecht eingibt.
Die Fotos dienen ausschließlich der Erstellung des Avatars und werden danach gelöscht, während die Maße gespeichert bleiben. Weitere Anbieter verwenden ähnliche Ansätze und fügen zusätzliche Fragen zu Körperform und persönlichen Präferenzen hinzu.
Unterschiede zwischen Avatar und virtueller Garderobe
Ein virtueller Kleiderschrank geht noch einen Schritt weiter, indem er mehr als nur einen digitalen Körper repräsentiert: Er ist ein Raum für digitale Kleidung und Accessoires. Er speichert Artikel, die du zuvor anprobiert hast, und nutzt diese Daten, um mit Künstlicher Intelligenz personalisierte Empfehlungen zu erstellen.
So wandelt sich der Online-Shop von einer einfachen Verkaufsplattform zu einem digitalen Stylingberater. Im Gegensatz dazu hat der Avatar hauptsächlich die Funktion, das Aussehen und die Passform von Kleidung am eigenen Körper zu visualisieren.
Vorteile für Kunden beim Online-Einkauf

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Keine falschen Größen mehr. Verbesserte Passgenauigkeit mit einem 3D-Avatar
Das virtuelle Anprobieren dreht sich darum, genau zu zeigen, wie euer Körper aussieht. In weniger als einer Sekunde sammelt ein 3D-Avatar, der in einem virtuellen Ankleidezimmer erstellt wurde, mehr als 120 Messdatenpunkte.
Die Genauigkeit ist erstaunlich: Hochwertige Systeme wie ZEISS Virtual Try-on zeigen den Avatar in feiner Detailgenauigkeit mit 45 Millionen Pixeln. So wird sichergestellt, dass nur Kleidung und Brillen angezeigt werden, die gut passen – nicht zu groß, zu eng oder zu fest.
Eine weitere vorteilhafte Sache ist: Eine speziell entwickelte KI schlägt auch Brillenrahmen und Kleidung basierend auf der Körperform einer Person vor.
Weniger Rücksendungen und mehr Sicherheit beim Einkaufen
Die Technologie ist besonders hilfreich, wenn es um Pants oder Unterwäsche geht, die je nach Körpertyp unterschiedlich ausfallen. Die Wahrheit ist, dass zwischen 26 % und 50 % aller Modeartikel zurückgeschickt werden. Das liegt hauptsächlich daran, dass Käufer in der Regel den gewünschten Artikel in zwei Größen bestellen, damit wenigstens eine davon passt.
Ein virtuelles Bild des eigenen Körpers oder Avatars, das sowohl lebensecht als auch in der richtigen Größe ist, macht es viel wahrscheinlicher, eine Bestellung aufzugeben.
Zeitersparnis und Kleidung von zu Hause aus anzuprobieren
KundInnen müssen nicht mehr in ein Geschäft gehen, um Unterwäsche, Dessous oder Kleidung im Allgemeinen anzuprobieren, oder in einen Kosmetikstore, um Lidschatten zu testen.
Wir können in Online-Shops rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, einkaufen, ohne das Haus verlassen zu müssen. Dies ist besonders hilfreich für Menschen mit eng getakteten Zeitplänen und für solche, die in ländlichen Gebieten leben und in die Innenstadt fahren müssten, was auch Benzinkosten spart.
Dessous online anprobieren: die richtige Dessousgröße finden
Es war noch nie einfacher, die passende Größe, den richtigen Schnitt und die adäquate Farbe mit dieser Technologie zu finden. KundInnen können verschiedene Dessous-Stile an ihrem eigenen 3D-Avatar anprobieren und sehen, wie sie wirklich passen würden.
Je nach Hauttyp, Haarfarbe und Bräunung kann auch die Farbwahl mitunter knifflig sein. Hier hilft das virtuelle Anprobieren am eigenen Avatar weiter.
Vorteile für Händler und Marken
Virtuelle Anproben sind nicht nur ein Gewinn für Kunden; sie schaffen auch für Händler und Marken erhebliche wirtschaftliche Chancen. Die digitale Wandlung des Einkaufserlebnisses eröffnet Unternehmen neue Chancen, um Kunden zu binden und den Umsatz zu verbessern.
Umsatzsteigerung durch individuelle Empfehlungen
Onlineshops, die 3D-Produktansichten verwenden, erhöhen die Kaufwahrscheinlichkeit um bis zu 30%. Eine bessere Visualisierung stärkt das Kundenvertrauen in ihre Kaufentscheidungen.
Erkenntnisreiche Datenanalyse durch 3D Software
Selbst komplexe Datensätze lassen sich durch interaktive und benutzerfreundliche Dashboards leicht verstehen. Mit diesen Erkenntnissen können Firmen ihre Produktauswahl verbessern und Designentscheidungen auf der Grundlage echter Nutzerdaten treffen. Die Analyse der Avatar-Daten erlaubt im weiteren Verlauf eine genauere Bestandsplanung und ein zielgerichtetes Marketing.
Weniger Retouren = geringere Kosten
Das Handelsforschungsinstitut EHI berichtete, dass Online-Händler für jeden zurückgesendeten Artikel zwischen fünf und zehn Euro aufwenden müssen. Eine Retourenquote von 26 bis 50 % bei Modeartikeln verursacht folglich enorme Kosten.
Zalando hat in den ersten Tests der virtuellen Umkleide erfreulicherweise eine Reduzierung der Retouren um 40 % erreicht. Andere Firmen geben sogar an, dass sie durch 3D-Präsentationen eine Reduzierung der Retourenquote um bis zu 70 % erreicht haben.
Omnichannel-Erlebnis: Online und Offline verbinden
Mit virtuellen Anproben wird ein nahtloses Einkaufserlebnis über alle Kanäle ermöglicht. Händler können die Technologie beispielsweise in eine Vielzahl von Plattformen integrieren – von Shopify-Shops über mobile Apps bis hin zu Smart Mirrors im Ladengeschäft.
Ein Praxisbeispiel ist Mister Spex, das Augmented Reality für virtuelle Brillenanproben einsetzt. Dies verbessert das Online-Erlebnis und ergänzt die Beratung im Laden. Diese Strategie gewährleistet eine konsistente Produktpräsentation und verbessert gleichzeitig die Kundenbindung über alle Verkaufskanäle hinweg.
Welche Artikel kann man virtuell anprobieren?
Das Sortiment an Artikeln für virtuelle Anproben erweitert sich kontinuierlich. Es zeichnen sich aber ein paar Schwerpunktbereiche ab.
Kleidung und Unterwäsche
ABOUT YOU hat etwa eine kreative Lösung entwickelt, bei der NutzerInnen ein Foto von sich hochladen und darauf in Echtzeit Outfits anprobieren können.
Accessoires und Brillen
Bei Anbietern wie Apollo oder Oakley ist es möglich, Brillen digital anzuprobieren. Es ist wirklich einfach: Webcam einschalten, Zugriff erlauben, und schon kann man die verschiedenen Modelle ausprobieren. Des Weiteren können Schmuckstücke wie Ringe, Ohrringe und Halsketten virtuell anprobiert werden – dank KI-gestützter Technologien ist dies sogar mit einer realistischen Darstellung von Lichtreflexionen auf Steinen und Metallen möglich.
Make-up und Schuhe
Brands wie Fenty Beauty und Maybelline haben digitale Make-up-Test-Tools im Angebot. Zur selben Zeit bringt Amazon mit der virtuellen Anprobe in der iOS-App eine Schuhkaufs-Revolution. Früher arbeitete Nike an der Funktion „Nike Fit“, um den Prozess der Größenauswahl zu vereinfachen, nutzt jetzt aber digitale Objekte in Social-Media-Filtern.
3D-Online-Konfiguratoren für personalisierte Anpassung
Zusätzlich ermöglichen 3D-Produktkonfiguratoren, komplexe Produkte individuell zu gestalten. Diese interaktiven Elemente sind dafür verantwortlich, dass die Konversionsrate im E-Commerce um erstaunliche 40 % steigt. Kunden sind durch realistische Visualisierung zufriedener mit ihrem endgültigen Produkt – dies ist besonders bei Möbeln, Mode oder Schmuck zu beobachten, wo die Konversionsraten steigen und Rücksendungen seltener vorkommen.
Wie geht’s weiter?
Virtuelle Anproben haben zweifellos das Potenzial, den Online-Handel grundlegend zu verändern. Die Kombination aus künstlicher Intelligenz, Augmented Reality und präziser 3D-Modellierung schafft bereits im Status quo ein Einkaufserlebnis, das dem realen Anprobieren immer näherkommt.
Besonders beeindruckend ist, dass die Technologie inzwischen weit über Kleidung hinausgeht – von Brillen über Schmuck bis hin zu Make-up lassen sich zahlreiche Produkte virtuell testen.
Obwohl die virtuelle Anprobe noch am Anfang steht, zeigen die ersten Ergebnisse bereits deutlich ihren Wert.
Zukünftig dürfte die Technologie noch präziser und benutzerfreundlicher werden. Als Brückenschlag zwischen Online- und stationärem Handel bietet sie außerdem das Potenzial für ein nahtloses Omnichannel-Erlebnis. Dadurch entsteht nicht nur ein praktischeres Einkaufserlebnis für Kunden, sondern auch ein nachhaltigerer Handelsprozess mit weniger unnötigen Warenrücksendungen.
Letztendlich könnte die virtuelle Anprobe daher einen entscheidenden Beitrag zur Lösung eines der gravierendsten Probleme des Online-Handels leisten – der Unsicherheit beim Kauf von Produkten, die man nicht physisch testen kann. Für Verbraucher bedeutet das: Schluss mit falschen Größen, weniger Frust und mehr Freude am Online-Shopping.